Noch bis zum 13. Oktober findet in Osaka die Expo 2025 statt. Rund 150 Länder präsentieren dort ihre Visionen für die Zukunft. Es ist nach 1970 und 2005 bereits die dritte Weltausstellung in Japan. Der Veranstalter rechnet mit über 28 Millionen Gästen. In die Gestaltung gleich mehrerer Pavillons waren dabei auch Kreativagenturen und Architekten aus der Schwabenmetropole involviert.




Auf den ersten Blick scheinen die Weltausstellung in Japan und Stuttgart wenig gemeinsam zu haben. Doch die Expo 2025 in Osaka, die unter dem Motto „Designing Future Society for Our Lives“ steht, bringt genau diese Kräfte auf bemerkenswerte Weise zusammen. Im Fokus: nachhaltige Innovation, kreative Vernetzung – und ein globaler Blick auf das, was Kultur, Stadtentwicklung und Technologie künftig leisten können. Stuttgart, traditionell als Automobilstadt bekannt, hat sich seinerseits in den letzten Jahren zu einem Hotspot für kreative Stadtentwicklung gewandelt. Projekte rund um nachhaltige Mobilität, digitale Infrastruktur und urbane Lebensqualität machen die Stadt zu einem Beispiel für europäische Innovationskraft. Kein Zufall also, dass Akteure aus Stuttgart auch auf der Expo 2025 mitmischen.
So etwa die 1999 von Prof. Thomas Hundt und Ingo Zirngibl gegründete Kreativagentur jangled nerves in Stuttgart-Bad Cannstatt. Das Büro mit seinen etwa 70 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Architektur, Kommunikation, Mediendesign, Medientechnologie und Projektmanagement hat sich in den vergangenen 26 Jahren zu einem international renommierten Spezialisten für Experience Design entwickelt und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Für die Große Landesausstellung „UFFRUR! Utopie und Widerstand im Bauernkrieg 1524/25“ im ehemaligen Kloster Schussenried konzipierte jangled nerves zum Beispiel eine Szenografie, die die Besucher nicht nur in die Welt des
16. Jahrhunderts eintauchen lässt, sondern ihnen auch auf eindringliche Weise das Denken, Fühlen und den Gerechtigkeitskampf dieser Zeit näherbringt. Schon bei der Expo 2020, die coronabedingt erst ab Herbst 2021 für ein knappes halbes Jahr in Dubai über die Bühne ging, war die Agentur am Start. Genauer gesagt verantwortete sie das Ausstellungsdesign für den Luxemburger Pavillon, in dem der Facettenreichtum des Landes als begehbarer Film zum Leben erweckt wurde und mit allen Sinnen erlebbar war. In Osaka folgte nun erneut für den Luxemburger Pavillon in Form einer dreiaktigen Szenografie der nächste Auftritt von jangled nerves. Akt 1 schafft dabei eine emotionale Verbindung zu Luxemburg durch virtuelle Begegnungen mit Einwohnern unterschiedlicher Herkunft. Akt 2 geht spielerisch an den Einsatz Luxemburgs für eine nachhaltige Zukunft heran. Das Ziel besteht in der Sensibilisierung dafür, dass selbst kleine Schritte und Maßnahmen zur Schaffung einer besseren gemeinsamen Zukunft beitragen. Akt 3 schließlich entführt die Besucher auf eine immersive Reise durch die Regionen Luxemburgs und lässt sie atemberaubende Naturlandschaften und Knotenpunkte regen Geschäftstreibens entdecken.
Daneben tragen übrigens auch noch weitere Pavillons die Handschrift von Stuttgarter Unternehmen. So ist das Atelier Brückner am usbekischen Beitrag unter dem Titel „Garden of Knowledge“ beteiligt. Inspiriert von Karawansereien und der Seidenstraße, präsentiert sich der Pavillon als begehbarer Garten – als Raum für Begegnung, Austausch und kulturelles Eintauchen. Milla & Partner wiederum ist bei der Expo 2025 in Osaka maßgeblich am Singapur-Pavillon beteiligt. Gemeinsam mit einem internationalen Team – darunter Kingsmen Exhibits Singapore, DP Architects und weitere Kreativpartner – wurde unter dem Titel „Dream Sphere“ ein 17 Meter hoher, kugelförmiger und mit 17.000 recycelten Aluminiumplatten verkleideter Bau geschaffen. Im Inneren erwartet die Besucher eine multisensorische Reise durch Singapurs Visionen von Nachhaltigkeit, Inklusion und urbaner Naturverbundenheit. Milla & Partner war dabei insbesondere für die Gestaltung der immersiven Erlebnisse und räumlichen Inszenierungen verantwortlich. Last but not least hat das Laboratory for Visionary Architecture (LAVA) mit Stammsitz in Berlin und einem Büro in Stuttgart den deutschen Pavillon „Wa! Germany“ entworfen, der konsequent auf Kreislaufdesign setzt.

„Es geht darum, eine Verbindung zwischen Mensch, Raum und Inhalt zu schaffen“
Fünf Fragen an Prof. Thomas Hundt von der Stuttgarter Kreativagentur jangled nerves
top: Thomas, du hast mit deinem Team von jangled nerves für die Expo 2025 in Osaka den Luxemburger Pavillon gestaltet. Was war der Ausgangspunkt für das Konzept?
Thomas: Der Pavillon trägt den Titel „Doki Doki – The Luxembourg Heartbeat“. Dieses japanische Onomatopoetikum beschreibt den aufgeregten Herzschlag – genau das Gefühl, das wir bei den Besucherinnen und Besuchern auslösen wollen. Unser Ziel ist es, Luxemburg nicht nur zu zeigen, sondern spürbar zu machen: emotional, immersiv und nachhaltig.
top: Was bedeutet Nachhaltigkeit in einem temporären Bau wie einem Expo-Pavillon?
Thomas: Wir setzen unter anderem auf modulare Systeme und lokale Materialien. Der Pavillon ist so konzipiert, dass er nach der Expo vollständig demontiert wird und die einzelnen Teile wiederverwendet werden können. Für uns ist das keine Einschränkung, sondern ein kreativer Antrieb – denn Restriktionen fördern Innovation.
top: Wie wichtig ist Technologie in eurer Arbeit?
Thomas: Technologie ist für uns kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um Geschichten zu erzählen. Im Luxemburger Pavillon nutzen wir digitale Medien, um Inhalte interaktiv und sinnlich erfahrbar zu machen – aber immer im Dienst der Botschaft. Es geht darum, eine Verbindung zwischen Mensch, Raum und Inhalt zu schaffen.
top: Was verbindest du persönlich mit der Expo?
Thomas: Ich liebe diese Idee eines globalen Dialogs. Die Expo ist ein Ort, an dem Visionen aufeinandertreffen – und wir durften mitgestalten, wie diese Visionen aussehen. Das ist ein Privileg.
top: Und was, wünschst du dir, sollen die Besucher aus dem Pavillon mitnehmen?
Thomas: Ein Lächeln, ein Staunen – und vielleicht ein kleines Doki Doki im Herzen.