Die Käte Ahlmann Stiftung unterstützt Geschäftsfrauen, indem sie sie mit gestandenen Unternehmerinnen zusammenbringt. Rosely Schweizer aus Murrhardt, Ehrenvorsitzende des Kuratoriums und Spross der Oetker-Dynastie, weiß, wie wichtig dieser Zuspruch ist.
84 Jahre ist Rosely Schweizer alt. Ihre drei Kinder haben ihr acht Enkelkinder geschenkt, doch die Erinnerungen an ihre eigene Großmutter sind bis heute lebhaft und intensiv. „Meine wirtschaftliche Karriere begann unter ihrem Schreibtisch“, erzählt sie. Während die Großmutter arbeitete, führte die kleine Rosely ihr Kinderbüro unter der Tischplatte – mit Locher, Papierkorb und allem Drum und Dran. Auch später, da stand Rosely Schweizer bereits kurz vor ihrem Abitur, hat sie noch wichtige Erinnerungen an die Großmama gesammelt. „Sie war eine, die immer gesagt hat: Kind, stell dein Licht nicht unter den Scheffel, wer soll dich da finden“, erzählt sie. „Das beflügelt einen.“
Diese Großmutter, an die sich Rosely Schweizer aus Murrhardt im Rems-Murr-Kreis so gern erinnert, war Käte Ahlmann. Katharina Aline Ahlmann, so der volle Name, lebte von 1890 bis 1963. Bekannt wurde
sie als Leiterin des größten Stahlwerks Norddeutschlands. Jahrzehntelang führte sie den ältesten und größten Industriebetrieb Schleswig-Holsteins: die Carlshütte in Büdelsdorf. 1931 übernahm sie nach dem frühen Tod ihres Ehemanns die Leitung der Eisengießerei und war fortan Gesellschafterin der Ahlmann-Carlshütte KG. Sie beschäftigte damals 3000 Mitarbeiter.
Doch die Karriere allein reichte ihr nicht, sie brachte sich auch stark in wirtschaftlichen, sozialen und kulturpolitischen Gremien ein. Die Liste ist lang. Käte Ahlmann war die erste Frau im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer, Mitbegründerin des Studienkreises für Wirtschaft in Schleswig-Holstein, zudem Gründungsmitglied und auch die erste Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen. Für dieses Engagement wurde sie zu Lebzeiten mit dem Großen Verdienstkreuz und dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
„Ob mir ein Mann seinen Sitz in der Straßenbahn anbietet, ist mir egal. Er soll mir einen Sitz in seinem Aufsichtsrat anbieten.“ Diesen feministischen Satz hat Käte Ahlmann bereits 1958 geprägt, und auf ihre Enkelin hat er zeitlebens Eindruck gemacht. Das Frauenbild, das die Ältere der Jüngeren vermittelte, war im Deutschland der Nachkriegszeit geradezu revolutionär. Rosely Schweizer ist eine geborene Oetker. Die Diplomvolkswirtin stieg selbst zu einer bedeutenden Unternehmerin auf, wurde unter anderem nach dem Tod ihres Vaters zur Beiratsvorsitzenden der Oetker-Gruppe. Sie hat das Unternehmertum hierzulande geprägt wie wenige Geschlechtsgenossinnen vor ihr, oftmals in einer beratenden Funktion im Hintergrund. Vieles, was sie erreicht hat, lässt sich wohl auf den Einfluss der geschäftstüchtigen Großmutter zurückführen. Ebenso erfolgreich hat sie sich in der Politik positioniert. Rosely Schweizer war 22 Jahre lang Gemeinderätin und neun Jahre lang Mitglied des Landtags, unter anderem als wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. Zudem hat sie den Wirtschaftsrat der CDU auf Landesebene geleitet.
Die Enkelin lebte 1957 zwei Jahre bei Käte Ahlmann. Viele Treffen des Verbandes deutscher Unternehmerinnen fanden im Haus statt. „Da hieß es immer: Kind, hol den Kaffee und bleib bei uns sitzen“, erinnert Rosely Schweizer sich. Für sie war das eine entscheidende Zeit. Nicht nur, dass sie zahlreiche Geschäftsfrauen kennenlernte, sie bekam auch vorgelebt: Frau kann was. Rosely Schweizer hat einen Zeitungsartikel aus den 1950ern bei der Hand, liest daraus vor. „Machen Sie es ihm bequem“, wird den Ehefrauen darin zum Wohlsein des Gatten empfohlen, und weiter: „Denken Sie daran, seine Themen sind wichtiger als Ihre.“ Rosely Schweizer überlegt kurz. „Mein Vater hat nie eine Frau in der Hierarchie der Firma gesehen. Das ist auch prägend.“
Umso wichtiger, dass Frauen sich gegenseitig den Rücken stärken. Zu diesem Zweck wurde 2001 die Käte Ahlmann Stiftung gegründet. Sie setzt sich für die Chancengleichheit in der Wirtschaft ein. Der Schlüssel zum Erfolg: das TWIN-Mentoring, kurz für Two Women Win. Dabei tun sich eine erfahrene Businessfrau und eine, die neu in ihrer Branche ist, zu einem Tandem zusammen, um sich intensiv auszutauschen. Unternehmerinnen profitieren ein Jahr lang vom Wissen erfolgreicher Geschäftsfrauen, um die herausfordernde Existenzsicherungs- und Wachstumsphase besser meistern zu können. Um die 400 Mentorinnen aus unterschiedlichen Bereichen machen mit. „Wir können mit Erfahrungen und einem Netzwerk sehr viel weitergeben“, sagt Rosely Schweizer.
Die Käte Ahlmann Stiftung finanziert sich durch die Erträge aus dem Stiftungsvermögen und im Wesentlichen durch einen Freundeskreis, außerdem über Spenden und sonstige Zuwendungen. Die Mentorinnen arbeiten ehrenamtlich. Die Mentees zahlen eine einmalige Bearbeitungsgebühr. Mehr als 800 dieser weiblichen Duos haben sich im Lauf der vergangenen Jahre gefunden. Rosely Schweizer zitiert eine Studie der Westfälischen Hochschule, wonach mehr als 90 Prozent der Nachwuchsunternehmerinnen, die auf diese Weise unterstützt wurden, auch noch fünf Jahre später erfolgreich am Markt sind. Selbst im Jahr 2024 hält Rosely Schweizer solche Türöffner noch für entscheidend. „Weil Frauen auch heute noch dazu tendieren, sich Aufgaben nicht zuzutrauen“, sagt sie. Und weiter: „Es braucht jemanden, der Mut macht.“
Von Caroline Holowiecki