Im Gespräch mit Oliver Bierhoff

„Wirtschaftlicher Erfolg ist für den Profisport unabdingbar“

Oliver Bierhoff zählt zu den bekanntesten Persönlichkeiten des deutschen und internationalen Fußballs. ImNovember 2023 hat er gemeinsam mit FINVIA eine umfangreiche Partnerschaft geschlossen. Hierzu gründeten das in Frankfurt ansässige Family Office und der ehemalige Fußball-Nationalspieler sowie DFB-Geschäftsführer National-
mannschaften die neue FINVIA Sports GmbH. Im Rahmen einer Veranstaltung in Stuttgart hat top magazin mit dem 56-Jährigen unter anderem über seine Tätigkeit und Entwicklungen im globalen Sport-Business gesprochen.

top: Herr Bierhoff, von 1996 bis 2022 waren Sie zunächst als Spieler und dann als Manager der Nationalmannschaft und DFB-Direktor bis auf eine Ausnahme bei jeder EM oder WM dabei. Die diesjährige EM in Deutschland haben Sie „nur“ noch in der Beobachterrolle erlebt. Wie war das für Sie?

Bierhoff: Bei den Spielen als Fan mitzufiebern, war für mich erst mal ungewohnt. Mich hat aber schnell die Euphorie gepackt, die in Deutschland umging – und speziell hier in Stuttgart herrschte ja eine besonders gute Stimmung. Insgesamt habe ich das Turnier entspannter betrachtet als zu meiner aktiven Zeit. Mir ist aber nochmals ganz deutlich bewusst geworden, dass es für einen Fußballer kaum etwas Schöneres gibt, als Teil der Nationalmannschaft zu sein und bei einem Turnier im eigenen Land mitzuspielen.

top: Und wie fällt Ihre Bilanz der deutschen Mannschaft aus?

Bierhoff:  Meiner Ansicht nach hat sie sich hervorragend verkauft und mit ihrem leidenschaftlichen Einsatz viele Menschen begeistert. Rückblickend ist sie zweifelsohne eine Runde zu früh ausgeschieden, hat aber trotzdem ihr volles Potenzial ausgeschöpft. Schließlich – das darf man nicht vergessen – war es für einige Spieler das erste große internationale Turnier. Man hat gespürt, dass in der Mannschaft alle an einem Strang ziehen. Das ist die beste Grundlage für zukünftige sportliche Erfolge.

top: Ende letzten Jahres haben Sie zusammen mit FINVIA Family Office die FINVIA Sports GmbH gegründet. Was hat man sich darunter vorzustellen?

Bierhoff: Zum einen ermöglicht FINVIA Sports Privatanlegern attraktive Investment-Möglichkeiten im globalen, von starkem Wachstum geprägten Sport-Business. Der Zugang hierzu war bislang nur institutionellen Anlegern möglich. Gleichzeitig sprechen wir die Zielgruppe der vermögenden Spitzensportler in Deutschland und in ausgewählten europäischen Märkten mit speziell zugeschnittenen Family-Office-Services an. Was unsere Dienstleistungen so besonders macht, ist unter anderem die Tatsache, dass wir neutral beziehungsweise bankenunabhängig agieren und lediglich die Interessen der Kunden im Blick haben. Wir verkaufen keine Produkte, sondern sind beratend tätig.

top: Wie kamen Sie und FINVIA überhaupt zusammen?

Bierhoff: Der Erstkontakt erfolgte über den FINVIA Sports-Mitgründer und CEO Mathias Jauch – er war einst mein Kundenbetreuer bei der HypoVereinsbank/UniCredit. Ich kam mit ihm und den Gründern von FINVIA ins Gespräch und habe mich intensiv mit dem Unternehmen auseinandergesetzt. Das schlüssige Konzept und vor allem auch der hohe Digitalisierungsgrad haben mich schnell überzeugt. Das Besondere an FINVIA ist ja auch, dass speziell zugeschnittene Family-Office-Services schon ab einem Gesamtvermögen von zwei Millionen Euro angeboten werden. Bei vielen anderen Family Offices liegt die Einstiegsuntergrenze nicht selten bei 50 Millionen Euro.

„Wenn in jungen Jahren schon sehr viel Geld verdient wird, ist dies eine riesige Chance, für die Zukunft vorzusorgen.“

top: Die Finanzwelt hat Sie schon immer interessiert?

Bierhoff: In der Tat habe ich mich schon zu Schulzeiten mit Finanzen auseinandergesetzt, mit 16 Jahren bin ich mal Dritter bei einem Börsenwettbewerb der Sparkasse geworden. Auch während meines Studiums der Wirtschaftswissenschaften fand ich insbesondere das Thema Investitionen sehr spannend. Bei FINVIA Sports kann ich aufgrund meiner Erfahrungen und meines Know-how die Welt des Sports perfekt mit der Welt der Finanzen vereinen.

top: Wie wichtig ist es für junge Spitzensportler, sich frühzeitig mit dem Thema Geld auseinanderzusetzen, damit später keine finanziellen Löcher entstehen?

Bierhoff: In diesem Punkt kann ich nur raten, nicht an nachweislich guten Experten zu sparen – ob in Sachen Vermögensverwaltung, in juristischen Fragen oder im Steuerbereich. Wenn in jungen Jahren schon sehr viel Geld verdient wird, ist dies eine riesige Chance, für die Zukunft und möglicherweise die Familie vorzusorgen. Das sollte man nicht leichtfertig verspielen.

top: Achten die heutigen Spitzensportler aus Ihrer Sicht mehr als beispielsweise vor 20 oder 30 Jahren darauf, wie man sein Geld am besten investiert?

Bierhoff: Ich beobachte schon, dass viele sich sehr intensiv mit dieser Frage auseinandersetzen, sich schlaumachen und teilweise sogar schon unternehmerisch tätig werden, indem sie sich beispielsweise an Start-up-Unternehmen beteiligen. Hierzu beigetragen hat zweifelsohne auch der mittlerweile aufgrund der Digitalisierung deutlich bessere Zugang zu Informationen. Auf der anderen Seite besteht aber bei vielen Spitzensportlern in puncto Vermögensstrukturierung auch noch Optimierungsbedarf.

top: Welche Erfahrungen können Sie in Ihren Job bei FINVIA Sports aus Ihrer bisherigen Karriere einbringen?

Bierhoff: Ich denke, dass ich insbesondere aus meiner Zeit beim DFB zum Beispiel weiß, wie man ein Unternehmen führt, wie man Budgetpläne aufstellt, wie man sich in einer Gruppe bewegt und mit Menschen umgeht, wie man Vertrauen aufbaut und wie sich Vorhaben mit Ausdauer und Disziplin umsetzen lassen.

top: Wie hat man sich Ihre Tätigkeit bei FINVIA Sports vorzustellen?

Bierhoff: Ich bin Chairman des Unternehmens und kann selbst entscheiden, wie viel Zeit ich investiere. Mit dem operativen Geschäft habe ich nichts zu tun. Mir ist es vielmehr ein Anliegen, mit den Kolleginnen und Kollegen das Geschäft anzutreiben und mein Netzwerk zu nutzen, um zusätzliche Türen und Kanäle zu möglichen Neukunden wie auch zu Anbietern entsprechender Investments zu öffnen.

top: Gibt es eine Anlageklasse, von der Sie besonders überzeugt sind?

Bierhoff: Grundsätzlich kommt es stets auf die richtige Mischung an. Ich persönlich möchte ruhig schlafen können, bin also kein Hasardeur. Ich war früher ein großer Aktienfreud, habe für mich aber inzwischen Private Equity – also Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen – als bevorzugte Anlageklasse entdeckt. In Private Equity steckt viel Entwicklungspotenzial auch für Privatinvestoren etwa als Beimischung. Deshalb ist es umso wichtiger, interessierten Kunden den entsprechenden Zugang zu ermöglichen, wie es nun seitens FINVIA nicht nur im Sport-Business der Fall ist.


„Anstrengungslosen Wohlstand wird es nicht geben.“

top: Geld spielt insbesondere im Profifußball eine immer größere Rolle. Wie sehen Sie die Entwicklung? Droht die Schere nicht immer weiter auseinanderzugehen?

Bierhoff: Diese Gefahr besteht in der Tat – und aus Liebe zum Wettbewerb sollte man dies eigentlich verhindern. Aus meiner Sicht machen es die US-Amerikaner, die ansonsten ganz streng kommerziell denken, bei ihrer National Football League genau richtig: Jeder Verein hat am Anfang der Saison die gleiche Menge an Geld für den Spielerkader zur Verfügung. Die schmeißen alles in einen Topf und sorgen so für eine Art Gleichberechtigung. Dessen ungeachtet sind wir mit dem Profisport schon längst im Kommerz angekommen – und das bedeutet natürlich auch das Streben nach wirtschaftlichem Erfolg. Dieser Erfolg wiederum ist unabdingbar, um Investitionen tätigen, Stadion erweitern oder modernisieren und Fernsehbilder generieren zu können.

top: Stichwort wirtschaftlicher Erfolg: Sie machen sich sicherlich auch Gedanken um den Standort Deutschland.

Bierhoff: Ich mache mir vor allem große Sorgen und sehe die Gefahr, dass Deutschland immer noch weiter abgehängt wird. Um gegenzusteuern, brauchen wir schleunigst weniger Bürokratie und mehr Leistungsbereitschaft. Anstrengungslosen Wohlstand wird es nicht geben. Das muss den Menschen dringender denn je vermittelt werden. Selbstverständlich gilt es, für die Schwachen weiterhin zu sorgen. Auf der anderen Seite müssen wir aber den Starken das nötige Umfeld geben, damit sie den Karren aus dem Dreck ziehen können. Leider fehlt in der Politik schon seit einiger Zeit die große Vision. Viele Entscheidungen werden teilweise nur für den kurzen Applaus getroffen, meistens in Form von Sondervermögen. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

top: Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Bierhoff: Ich werde jetzt erst mal bei FINVIA Sports meinen Aufgaben so intensiv wie möglich nachgehen. Außerdem bin ich bei McKinsey als Senior Advisor tätig und berate bei unterschiedlichen Themen wie etwa der Due Diligence eines Private Equity Fonds für Spielerberatungsagenturen oder der Umsetzung von Aktivitäten, die Unternehmen im Event- oder Sportbereich planen. Darüber hinaus bin ich Berater der New England Patriots aus der NFL und unterstützte bei deren Expansion im deutschsprachigen Raum. Mir wird es also nicht langweilig werden.

top: Wird man Sie eines Tages auch bei einem deutschen Verein wiedersehen?

Bierhoff:  Das steht gerade nicht auf dem Plan. Grundsätzlich schließe ich es nicht aus. Am Ende kommt es auf den jeweiligen Moment und die Menschen an, mit denen ich Dinge gemeinsam bewegen möchte. 

Das Gespräch führten Kirsi Fee Wilhelm und Matthias Gaul

Fotos: Maks Richter

Empfohlene Artikel